Apparel - Juli 21, 2023

Last updated on Juli 24, 2023

FÜR DIE KULTUR: INTERVIEW MIT GINGER BOY, DEM RENOMMIERTEN AFROBEAT-DJ

Von Meryl über Burna Boy bis hin zu Rema oder auch Wizkid: GINGER BOY ist heute ein renommierter DJ in der Afro-Szene. Und das dank einer Stadt, die seine Person, seine Ambitionen und seinen Werdegang geprägt hat: Dakar!

GINGER BOY,


Renommierter Afrobeat-DJ Bildnachweis : @swelly_x auf Instagram

Mitten in der mit Summer Tours und Festivals vollgepackten Sommersaison habe ich beschlossen, mich mit dem “Afrobeat Alchemisten” zu unterhalten, um mehr über seinen musikalischen Werdegang, seine Inspirationen, seinen Bezug zur Mutter Erde und seine kollaborativen Projekte SSSOUND und La Base zu erfahren. Press play…

 

Herbby : Was ist deine erste Erinnerung an Musik?

GINGER BOY : Mein großer Bruder Youssef hat mich mit Musik in Berührung gebracht, und zwar mit US-Rap der West Coast: Dr. Dre, Warren G, Xzibit… Er hat damals die Sounds und Alben auf LimeWire heruntergeladen, sie in einen Ordner gepackt und dann auf seinem MP3-Player im USB-Stick-Modus gespeichert! (lacht) Ich habe mir das immer begeistert angehört, aber das erste Album, das ich mir gekauft habe, war 2003 The Black Album von JAY-Z  im Carrefour in Athis-Mons. Das war einfach unglaublich!


On Set mit GINGER BOYBildnachweis : @swelly_x auf Instagram

H : Wie bist du gerade zum Afrobeat gekommen?

GB : Ich bin französisch-marokkanischer Herkunft und trete für die Einheit innerhalb des afrikanischen Kontinents ein. Ich bin stolz darauf, Franzose zu sein, aber eigentlich ist Afrika mein ganzes Leben, genauso wie die Musik. Afrikanische Musik habe ich schon immer geliebt, aber Auslöser war schließlich der Africa Is The Future -Mix von Walshy Fire und Fully Focus. Das ist eine Playlist mit allen Bangern der damaligen Zeit, die ich auch heute noch in meinen Sets spiele. Übrigens sind Diplo von Major Lazer und DJ Snake meine wichtigsten Inspirationen. Ich finde mich wirklich in Diplos Arbeit und der Tatsache wieder, dass er mit allen Arten von Afro-Sounds wie Dancehall, Reggae usw. experimentiert. Diesen Musikmix fand ich so cool, dass ich anfing, verschiedene Stilrichtungen afrikanischer Musik zu hören und meine erste Reise in den Senegal bestätigte schließlich mein Interesse an diesem Kontinent und seiner Musikszene.


GINGER BOY, renommierter Afrobeat-DJ – Bildnachweis : @swelly_x auf Instagram

H : Erzähl uns ein wenig von deinen Anfängen im Djing: der Auslöser, wie du dich weiterentwickelt hast, deine Inspirationen, deine ersten Auftritte…

GB : Alles geht von Dakar aus und das ist wirklich eine schöne Geschichte. 2015 ging ich ganz allein mit meinem Gepäck dorthin, um mein viermonatiges Bachelor-Praktikum zu absolvieren. Außer meinem Chef von der Investmentgesellschaft kannte ich wirklich niemanden… Nach einem Monat hatte ich es dann wirklich satt, es war hart, alleine dort zu sein, auch wenn der Senegal natürlich ein wunderschönes Land ist. Schließlich wurde ich mit Papi, dem “Genie des Landes”, in Kontakt gebracht und wir haben uns zu dritt mit seinem Cousin, der Beatmaker ist, eine WG geteilt. Mein Praktikum war unbezahlt und sein Cousin wusste, dass ich viel Musik hörte, also gingen wir am Wochenende abends immer zu Freunden, ich legte die Sounds von meinem Handy aus auf und machte damit alle glücklich! Eines Tages sagte er zu mir: “Bruder, du bist echt gut in der Musik. Ich bin Beatmaker, ich bringe dir das Mixen bei und wir schauen mal, was dabei herauskommt”. Da mein bester Kumpel  Rakoto 3000 aber bereits DJ war, wollte ich überhaupt nicht auch DJ werden!

 

Schließlich brachte er mir also das Mixen bei, ich war total begeistert und wir organisierten unser erstes Party-Event mit unserer Plattform Dakar Lives auf der Biennale. Dort habe ich ohne Controller, stattdessen mit dem Pad meines Computers gemixt… Die Leute haben sich gefragt, was ich da mache… (lacht) Danach hatte ich dank Papi, der eine hohe Gage für den Auftritt aushandeln konnte, mein erstes offizielles Booking. Ich kam wieder mit meinem Computer an, ohne Controller, der Typ hatte sich geirrt…

Der große Durchbruch kam dann dank  YARD. Rakoto 3000 mixte bereits auf ihren Veranstaltungen und eines Tages traf ich in einem Restaurant in Dakar auf Yoan Prat, einen der Gründer. Ich hatte ein Set im Travis-Scott-Stil gemacht, aber die Leute waren nicht besonders begeistert, weil dies an einem Ort war, an dem sie keinen Hip-Hop hörten. Ich habe mich mit Yoan angefreundet und er sagte zu mir: “Wenn du nach Paris zurückkommst, lasse ich dich im Wanderlust auflegen”. Das war im September 2016 und es war ein wahnsinniger Hype, zu dieser Zeit dort zu mixen. And the rest is history!


Air Jordan 1 Retro High OG “Hand Crafted” an den Füßen von GINGER BOY – Bildnachweis : @swelly_x auf Instagram

H : Heute zählst du zu den renommiertesten Afrobeat-DJs mit Sets für Burna Boy, Wizkid, RemaGuy2, Bezbar

Meryl und seit kurzem auch für  Les Flammes. In deiner Instagram-Biografie beschreibst du dich als “Afrobeat Alchemist”. Wie lautet deine Definition dieses Ausdrucks?

GB : Ein Alchemist ist für mich ein Wissenschaftler, der erforscht und mischt, um eine Alchemie herzustellen. In Afrika gibt es unendlich viele Musikstile: Ndombolo, Rumba, Coupé-décalé, Afrobeat … In meinen Afro-Sets ist es mir wichtig, alles zu spielen, um die Leute auf eine Reise zu schicken! Ich gehe von 90 BPM auf 130 und dann auf 140 BPM, ich erkunde den Norden, den Süden, den Osten und den Westen des Kontinents, und zwar alles in einem einzigen Set. In meiner Instagram-Biografie stelle ich zwar Afrobeat in den Vordergrund, aber gleichzeitig vergesse  ich auch die karibischen Klänge nicht. Ich glaube, dass die Menschen, die mir in meiner Karriere am meisten Power gegeben haben, die Bewohner der Antillen waren. Heute ist Afrobeat zwar mein Kerngeschäft, aber in Wirklichkeit bin ich ein DJ, der sich auf afro-karibische Musikrichtungen spezialisiert hat.


Am Set mit GINGER BOY – Bildnachweis : @swelly_x auf Instagram

H : Du bist unter anderem Teil des Trios  SSSOUND mit Rakoto 3000 und Hony Zuka. Wie ist das Kollektiv entstanden? Auf welcher oder welchen Ebene(n) ergänzt ihr euch als DJs?

GB : Rakoto 3000 und ich, wir sind beide in Juvisy aufgewachsen und Hony Zuka war in Athis-Mons, 10 Minuten von der Stadt entfernt. Wir kennen uns seit unserer Kindheit und deshalb ergänzen wir uns auch außerhalb der Musik. Bevor wir DJs wurden, waren wir schon Kumpels, d.h. die Basis unserer Beziehung ist wirklich stark. Rakoto begann 2013 als Pionier der neuen Generation mit YARD zu mixen. Hony war ein exzellenter Tänzer und ist insgesamt unglaublich kreativ. Ich selbst kam 2016 zu YARD und dann 2017 zu Hony. Ehrlich gesagt, beherrschten wir die Kunst des DJing und 2017 beschloss Antoine von YARD, eine Art Residenz mit 4 DJs zu schaffen: alle 3 und  Andy 4000. Für uns war das einfach unglaublich und hat uns eine ganz neue Dynamik verliehen.

Wir sahen, dass es gut lief und dass wir uns wirklich gut verstanden, also beschlossen wir, unsere eigene Veranstaltung ins Leben zu rufen. Noch einmal ein großes Danke an Antoine, der uns bei diesem Projekt geholfen hat, insbesondere bei unserem Namen “SSSOUND”, von da an ging es nur noch bergauf. Wenn wir auftreten, ergänzen wir uns einfach genial: Unsere Sets gehen genau richtig ineinander über, wir spielen verschiedene Musikstile und bei einem 5-, 6-stündigen Set ist das echt perfekt!

Wir haben auch beschlossen, uns zusammenzutun, weil Rakoto für OBOY mixt, der jetzt ein Superstar mit Gold- und Platinplatten ist, Hony hat für Rémy aufgelegt und jetzt für Tiakola. Ich selbst habe mit Abou Tall angefangen, dann mit Meryl und seit kurzem mit Guy2Bezbar. Das hat dazu geführt, dass diese Zusammenarbeit zu mächtig ist. Wir mixen für drei große Künstler des französischen Hip-Hop, also waren wir gezwungen, die Marke wachsen zu lassen, und dank dieses Trends “on a pop”!


Air Jordan 5 Retro “Laney” an meinen Füßen – Bildnachweis : @swelly_x auf Instagram

H : Du bist auch Gründer von La Base in Dakar. Kannst du uns das Konzept vorstellen?

GB :Der Senegal hat mir nach meinem Praktikum 2015 wirklich in jeglicher Hinsicht ein zweites Leben geschenkt.  Papi, Tha Fellaz und King Mouss haben mich in allem weiter geschult und mir vor allem wirklich alles gegeben. Ich habe in Dakar angefangen zu mixen und alle Connections, die ich in Paris und im Ausland aufbauen konnte, sind auf meine Erfahrungen vor Ort zurückzuführen. Um es kurz zu machen: Senegal ist die Basis!

Es gibt dort nicht viele Party-Events für die jungen Generationen, und da ich seit meinem Praktikum meinen eigenen Weg gemacht habe, musste ich dem Senegal unbedingt etwas zurückgeben. King Mouss ist “der Prinz von Dakar”, er kennt jeden und ist superstark in der Musik. Tha Fellaz ist ein Beatmaker aus Mali, der ebenfalls Teil dieser großen Familie ist. Wie SSSOUND haben wir uns deshalb gesagt: Wir sind doch Brüder, wir verstehen uns super gut, wir sind gut in der Musik, wir haben alles im Senegal erlebt, also könnten wir uns doch zusammentun. Und so starteten wir mit einem ersten Abend in einem Restaurant in Dakar namens Le Carré und es war gleich ein voller Erfolg! Wir hatten mit ungefähr 50 Leute gerechnet, am Ende waren es 250. Wir haben weitergemacht und innerhalb eines Jahres fast 900 Leute erreicht.

Jetzt haben wir La Base, einen eigenen Ableger,der sich The Bashment by King Mouss nennt, und das gesamte Projekt ist dort zu einer festen Größe geworden. Es ist so etwas wie das Spiegelbild von SSSOUND im Senegal.


GINGER BOY, renommierter Afrobeat-DJ Bildnachweis : @swelly_x auf Instagram

H : Auf welches deiner Projekte, Events, Konzerte und anderen Festivitäten, an denen du mitgewirkt hast, bist du bis heute am stolzesten? Warum?

GB: Meine größte Inspiration war Burna Boy, dann kam das Genie Rema… Er hat so einen frischen Wind ins Spiel gebracht. Als ich  Dumebi gehört habe, war ich fast am Durchdrehen! Man muss bedenken, dass er erst 19 Jahre alt war, als der Sound veröffentlicht wurde. Er reiht einen Hit an den anderen und versucht immer, etwas Innovatives zu machen. Heute ist er 23 Jahre alt, ich bin 29 und er ist zu meiner größten Inspiration geworden. Für mich ist es also mein größter Erfolg, dass ich als DJ für Rema gearbeitet habe. Das ist eine Auszeichnung, die ich mir niemals im Leben hätte vorstellen können!


Am Set mit GINGER BOY Bildnachweis : @swelly_x auf Instagram

H : Was dürfen wir von GINGER BOY in den kommenden Monaten erwarten?

GB: Mein Ziel ist vor allem, meine Identität und die Marke GINGER BOY durch Musik, aber auch durch Kunst, Fooding, Merch usw. noch zu vergrößern. Und zweitens, das Gleiche gilt für  SSSOUND mit meinen Brüdern Rakoto 3000 und Hony Zuka.

Und dann noch ganz persönlich, auf lange Sicht, möchte ich, dass man sich in der Welt des Afrobeats an mich erinnert. Das ist gut angelaufen, denn innerhalb weniger Monate war ich Vorgruppe von Burna Boy, Privatparty von Rema, dann Vorgruppe von Wizkid, Vorgruppe der Tournee von Rema, dann Ruger und Ckay! All das, nachdem ich Burna Boys Schwester in Dakar getroffen hatte… Das Ziel für die nächsten Monate ist es also, mit der Afrobeat-Szene weiterhin Schritt zu halten und mittendrin in dieser Szene zu bleiben.


GINGER BOY, renommierter Afrobeat-DJ – Bildnachweis : @swelly_x auf Instagram