Wir schauen uns die Geschichte des Fear Of God Gründers und seiner Sub Brand Essentials an.
Er ist verantwortlich für den Look der Yeezy Season, half Kanye seinerzeit bei A.P.C. aus und kreierte zusammen mit Justin Bieber Tourmerch für die größten Musiker von Universal. Jerry Lorenzos Weg an die Spitze war steil und mit zahlreichen Erfolgen übersäht. Nun steht jedoch die erste Pleite im Haus, die vor allem seine zugänglichere Brand Essentials betrifft.
Was die Sanktionen für ihn und vor allem für seine Brand bedeuten, versuchen wir heute zusammen mit euch zu evaluieren. Zuvor schauen wir uns die bisherige Karriere des Manns aus Sacramento an und heben Meilensteine sowie Kooperationen mit großen Brands hervor, damit wir am Ende des Artikels eine Aussage treffen können, wie die Zukunft für Fear of God, Essentials und Jerry Lorenzo aussehen wird.
Win Diesel
Lange bevor Jerry Lorenzo für den Erfolg mehrerer Brands verantwortlich, einer der besten Freunde von Kanye West und einer der berühmtesten Designer aus den Staaten war, arbeitete er in einem Diesel Store im Lager und machte sich mit Denim und anderen Textilien vertraut. Daraus entstand jedoch keine Berufung zum Designer. Er erzählte später in einem Interview, dass er sich „nicht cool genug“ gefühlt hatte, um sich an dem kreativen Schaffen oder auch der Ladenfläche zu beteiligen. Lorenzo studierte lieber weiter Sport Management und sah auch dort seine berufliche Zukunft.
Nach seinem Abschluss kehrte der Sohn eines Baseball Managers also zu dem zurück, was ihm vertraut war: Baseball. Er kümmerte sich um Sponsorings und Partnerschaften abseits des Spielfelds für die Los Angeles Dodgers, bevor er nach Chicago zog, um für eine Sportmanagement-Agentur zu arbeiten. 2008 kehrte Lorenzo wieder nach L.A. zurück, um den Dodgers-Star Matt Kemp zu managen, aber auch um “JL Night”-Partys zu veranstalten, die Rapper und Sportler anlocken sollten. Lorenzo, der für das Erscheinungsbild von Kemp verantwortlich war, stellte fest, dass einige der Kleidungsstücke, die er für Kemp wollte, schwer zu bekommen waren. Daraufhin beschloss er, selbst aktiv zu werden. “Ich habe es für ihn getan, aber auch für mich”, sagte Lorenzo später in einem Interview. Dieses Mindset war ein wichtiger Meilenstein für Lorenzo als Designer. „Das zu erschaffen, was noch fehlt, um die Lücke im Kleiderschrank zu schließen.“ war ein Kredo dem nicht nur Fear of God, sondern später auch Essentials folgen sollte
„I’m not a designer!“
Es war 2012 und das Label „Fear of God“ war noch nicht gegründet worden – obwohl Lorenzo fleißig weiter produzierte. Da er weder einen Background in Mode, Design, Architektur oder Kunst vorzuweisen hatte, bezeichnete er sich damals bewusst nicht als „Designer“. Er verstand sich mehr als eine Art „Ausbesserer“, der Dinge nicht neu entwarf, sondern leicht veränderte. Nehmen wir zum Beispiel die Long Tees, die er nach seinem anfangs entworfen hatte. Lorenzo mochte vor allem die Exemplare von Rick Owens, fand aber, dass die Ärmel zu eng waren. Also korrigierte er die Silhouette und schuf etwas, das nicht neu, aber anders war. In Lorenzos Augen war das Ergebnis seiner Korrektur maskuliner und hatte vor allem einen großzügigen, weiten Ausschnitt, der den Goldschmuck des Trägers zur Geltung kommen ließ – eine Tugend, die er vermutlich von Sportlern und Rappern gelernt hatte, mit denen er im Austausch bezüglich Styling stand und auf seinen Partys traf. Einer von ihnen war Big Sean, der zum damaligen Zeitpunkt viel mit Kanye West zu tun hatte und so die beiden Männer zusammenbrachte.
Eine heilige Vereinigung
Seinerzeit war Kanye noch buchstäblich in den Kinderschuhen, was Mode Design betraf. Er holte Lorenzo mit an Bord, damit er ihm bei seiner Kollaboration mit A.P.C. unterstützte. Anscheinend leistete er dabei so gute Arbeit, dass Kanye an ihm festhielt und ihn in andere Projekte, wie Yeezy, sein Tourmerch oder Donda einband. Letzteres war die Agentur von Virgil Abloh und Kanye, die es sich zur Aufgabe machte, das „Taste Level“ weltweit anzuheben und auf ihre jeweiligen Marken abzustimmen – ein Vorhaben, das auf langer Sicht definitiv geglückt ist. Doch zurück zu Jerry Lorenzo, der jetzt ein wenig Bestätigung auf sehr prominenter Ebene erhalten hatte.
2013 war Lorenzo, neben Akteuren wie Big Sean, Kid Cudi, Matthew Williams und Virgil Abloh ein fester Teil von Kanyes Umfeld. Als Fear of God im Februar dann auf den Markt kam, standen vor allem die Kleidungsstücke im Spotlight, die an seinen berühmten Freunden zu sehen waren. Zwar spielten Lorenzos zahlreiche Beziehungen eine tragende Rolle, doch waren es seine Fähigkeiten, die dafür sorgten, dass Fear of God nicht zum nächsten Beentrill wurde. Der Look seiner Brand kombinierte Lorenzos Liebe zum Grunge mit dem Party-Lifestyle in Los Angeles, der Lorenzo lange Zeit die Rechnungen und auch die Produktionskosten für Kollektionen bezahlte. Ärmellose, karierte Flanell-Hemden und Jogger mit tiefem Schritt waren die Key-Pieces in der ersten Kollektion von Fear of God – die einen bahnbrechenden Erfolg hatte und das Debut Lorenzos als Designer besiegelte.
Progress meets Profit
Während die erste Kollektion sich mehr noch wie ein „Ausprobieren“ und weniger, wie eine vollwertige Kleidungslinie anfühlte, war 2015 bei der dritten Kollektion schon einiges verbesswert worden. Während er früher glänzende Reißverschlüsse benutzte, damit seine Kleidung „luxuriöser“ wirkte, bezog er jetzt Stoffe aus Italien und Japan. Außerdem wollte Lorenzo seine Kleidung etwas zugänglicher machen, da nicht jeder Fan die Mittel hatte, Oberteile für über 1.000 Euro zu erwerben. Als Fear of God immer mehr zur Luxusmarke avancierte, tat sich Jerry Lorenzo mit dem amerikanischen Retailer PacSun zusammen, um eine erschwinglichere Diffusionslinie namens F.O.G. zu kreieren, die drei Jahre später in „Essentals“ umbenannt wurde.
Genau in diesem Streetwear-Segment sollte sich Lorenzo wohlfühlen und durch Kollaborationen mit namhaften Sportswear Herstellern noch größere Erfolge feiern. So waren die Vans Sneaker, die er zusammen mit Pacsun 2016 herausbrachte, nicht nur ein kommerzieller Erfolg, sondern positionierten Lorenzo auch als einen begnadeten Designer für Sneaker und Footwear. Vor allem der Vans Era 95 mit dem Fear of God All-Over-Print war bei Fans begehrt und wechselt nicht ohne Grund bei uns heute noch für über 1.000 Euro den Besitzer.
Zum selben Zeitpunkt arbeitete er auch mit Justin Bieber am Merch für die „Purpose Tour“. Da er sich seine Sporen bereits bei der Yeezus-Tour verdiente, wurde kurzerhand mit „Bravado“ ein Zweig der Universal Music Group ins Leben gerufen, der Merch beaufsichtigt. Lorenzo und Bieber brachten beide ihre Expertise in diese neue Division von Universal ein: der eine verfügte über ein enzyklopädisches Wissen über Vintage-T-Shirts und ein Auge für Mode, während der andere eine riesige Fangemeinde und Reichweite mitbrachte.
2018 nahm die Hauptmarke Fear of God eine eher zweitrangige Rolle ein, während Kollaborationen mit Brands wie Nike, Levis oder New Era den Rubel ordentlich rollen ließen. Und auch seine zugängliche „F.O.G.“-Linie sollte nach drei Jahren im Papierkorb landen und Platz machen für die neue Brand „Essentials“.
Essentials für Jedermann
Essentials war genau das, was der Name schon verrät – simple Pieces in überwiegend gedeckten Tönen. Seit seiner Einführung hat sich die Brand zu einer eigenständigen Kraft entwickelt und stellt Fans mit regelmäßigeren Drops und günstigeren Preisen die beste und beständigste Gelegenheit dar, Lorenzos Kreationen in die Hände zu bekommen. Während „F.O.G.“ nur eine erschwinglichere Version von Fear of God war, sollte Essentials den Output von Lorenzo eher richtig unterteilen. Das Sortiment war anders, konnte jedoch mit Kleidungsstücken der Mainline gemischt und kombiniert werden. Dennoch oder gerade deswegen war die Basics-Marke bei Einzelhändlern auf dem Primärmarkt andauernd ausverkauft – was unüblich war, für eine Brand, die nur „Essentials“ produzierte.
Doch war es das geschickte Händchen von Jerry Lorenzo, der seine Duftmarke bereits bei diversen Yeezy Seasons hinterließ und daher die Ästhetik der Kundschaft nicht nur kannte, sondern auch ein Stück weit erschuf. Essentials sollte fortan die Fans bedienen, die weder über die finanziellen Mittel noch Ideen noch Kreativität verfügten, um sich mit High Fashion auseinanderzusetzen. Es war eine Modelinie, die nicht den Anspruch eines Fashion Labels hatte, sondern viel mehr auf Lorenzos Anfänge vor Fear of God zurückging, wo er sich nicht als Designer verstand und lediglich Probleme lösen und Garderoben verbessern wollte. Die Fans danken es ihm bis zum heutigen Tage.
Auch wenn hierzulande Fear of God kaum noch eine Rolle spielt, so ist die Essentials Marke überall zu sehen. Jeder Streetwear Fan, Z-Promi, Fußballer und Garten- Landschaftsgärtner trägt die Essentials Brand, ohne vermutlich zu wissen, wer Jerry Lorenzo überhaupt ist. Er hat es also geschafft, seine Persona von den eigentlichen Produkten zu trennen und die Ästhetik für sich sprechen zu lassen. Leute kaufen Essentials, weil sie es bei Promis und ihren Freunden gleichermaßen sehen. Die Marke fühlt sich exklusiv an, obwohl sie überall erhältlich ist – quasi 1:1 wie bei Yeezy. Doch es kann gut sein, dass Jerry Lorenzo sich nicht mehr lange an den Früchten seines Erfolgs bei Essentials freuen kann.
Europa-Verbot
Leider hat ein vor kurzem verabschiedetes Urteil dem lukrativen Treiben von Jerry Lorenzo einen Riegel vorgeschoben. Demnach darf er seine „Essentials“ Brand nicht mehr in Europa verkaufen – aus unserer Sicht ein finanzielles Desaster! Auch wenn Amerika und Asien kaufkräftige Kontinente sind, so wird es dem Portemonnaie von Lorenzo und auch dem gesamten Unternehmen extrem weh tun, auf die Kundschaft aus EU zu verzichten. Große Abnehmer wie Deutschland, England oder Frankreich fallen komplett weg und der Schaden wird hoch sein.
Ähnlich wie bei dem Brexit seinerzeit: UK Retailer, die vorher als schnellste und effizienteste Stores auf dem gesamten Kontinent gefeiert wurden, ávancierten über Nacht zur „Least Favorite Option“ für viele Fans. Ein Schicksal, das auch Essentials einholen könnte. Immerhin haben besagte Anhänger der Brand zum einen nicht das nötige Knowledge, um Zollgebühren im Blick und dem Designer somit die Stange zu halten und zum anderen schlichtweg auch nicht die Muße sich mit solcherlei Sachen auseinanderzusetzen. Während Hardcore Fear Of God Fans viel Zeit und Passion in ihr Kaufverhalten investieren, sind Essentials Fans gemütlich. Sie haben sich die Marke ja schließlich wegen dem einfachen Zugang geholt, der in vielen Läden online und instore erhältlich ist. Fällt dieser Punkt weg, fehlt somit auch die Daseinsberechtigung für Essentials – zumindest auf europäischen Boden.
Fazit
Wir raten euch online und instore die letzten Pieces von Essentials mitzunehmen. Sollte Jerry Lorenzo nämlich nicht in letzter Sekunde einen weiteren Anwalt oder eine Berufung aus dem Ärmel ziehen, wird es in Zukunft teuer, sich Essentials zu kaufen. Für Jerry Lorenzo bleiben somit drei Optionen übrig: er beugt sich dem Urteil, er nennt seine Marke um oder er fechtet die Entscheidung vor Gericht an. So oder so wird es spannend. Wir raten indessen: Abwarten, Tee trinken und unsere Auswahl an Essentials Pieces abchecken.