July 20, 2021

Kommentar: Killt Virgil Abloh den Dunk Hype?

Bringen 50 fast identische Colorways die Bubble zum Platzen?

Bringen 50 fast identische Colorways die Bubble zum Platzen?

Nischige Anfänge

Nike SBs Flaggschiff war nicht immer der Fokus sämtlicher Hypebeasts. Nachdem Nike 6.0 vom neuen Label Nike Skateboarding bzw. Nike SB abgelöst wurde, war der Dunk der erste Schuh, für den große Campouts veranstaltet wurden. Massenschlägereien in Manhattan und eine Limitierung, die heutige Quickstrikes wie ein Massenprodukt aussehen lassen, haben den Dunk zu dieser Zeit geprägt.

Auch über die nächsten Jahre sollte der Schuh, der bereits seit 1985 einen festen Platz im Markenportfolio Oregons innehat, durch viele spannende Kollaborationen, liebevolle Special Boxes und unglaublich seltene Hyperstrikes seinen Legendenstatus untermauern. Doch kurz darauf wurde es still um den Dunk.

Weder die SB-Modelle noch die regulären Dunks befanden sich in den Regalen. Mit etwas Glück fand man in versteckten Clearance Stores neben Autobahnabfahrten noch ein Modell für 30 Euro ohne Schuhkarton, doch das Rampenlicht gebührte Modellen wie dem Jordan oder dem Air Max. Zumindest so lange, bis Nike 2019 anfing die Silhouette wieder ins Gespräch zu bringen. Ob Virgil Abloh mit seiner Kollaboration 2019 den Hype startete, ist höchst fraglich. Jedoch könnte man schon behaupten, dass es ein Vorgeschmack auf das war, was dem Dunk noch blühen sollte.

Die Dunk Domination

Wir schreiben das Jahr 2021, Corona hat uns zum Teil verstört, aber auch stärker aus dem letzten Jahr entlassen und jeder Sneakerhead hat inzwischen zumindest einen Dunk. Warum auch nicht? Jede Woche erscheinen neue Colorways auf dem Dunk Low und Hi. Kollabo-Partner wie Travis Scott, Hiroshi Fujiwara oder Ben & Jerry’s schaffen interessante Konzepte oder verweisen auf nostalgische Meilensteine. Und da es so viele Releases gibt, bekommt eigentlich jeder Sammler einen Dunk, der einen haben möchte.

Doch genau hier gerät der Hype-Train ins Schwanken und sorgt für ein Phänomen, das schon zahlreiche Modelle erleiden mussten: sie verlieren an Begehrlichkeit. Es ist schwierig die Waage zu halten, zwischen „das eigene Produkt exklusiv releasen, um den Hype weiterhin zu befeuern“ und „wir müssen der Nachfrage entgegenkommen“. Und schließlich geht es am Ende des Tages darum viele Schuhe zu verkaufen – völlig egal, welches Modell es ist. Jedes Unternehmen ist gewinnorientiert. Der Yeezy war irgendwann auch nicht mehr so selten verfügbar, wie am Anfang. Und genau das erleben wir gerade mit dem Nike Dunk Low.

Warum erscheint also gerade jetzt, wo wir das Gefühl haben, dass der Dunk wieder exklusiver sein muss, ein Release mit 50 nahezu identischen Colorways? Die Antwort ist wie so oft, wenn wir über faule Designs und Copy Cats reden: Virgil Abloh. Der Mann, der unter seinem damaligen Label „Pyrex“ ein Logo auf Champion Shorts druckte, um sie für das Zehnfache zu verkaufen. Doch, obwohl man zu dem Designer stehen kann, wie man will – sein Einfluss ist ihm nicht abzusprechen. Und manche seiner Designs und Entscheidungen, waren durchdachter, als sie auf den ersten Blick wirkten. Und auch für sein „The 50“-Release haben wir lobende Worte.

Dolchstoß oder Befreiungsschlag?

Schauen wir uns den Release von Virgil Abloh etwas genauer an. Uns erwarten insgesamt 50 verschiedene Colorways. Zwei Modelle heben sich dabei vom Rest ab: eine komplett weiße Variante, welche die Serie anführt und ein schwarzer Dunk, der wiederum die 50 Paare abrundet und das Ende darstellen soll. Die restlichen 48 Farbwege unterscheiden sich lediglich bei der Zunge, der Ferse und dem erweiterten Lacing-System. Virgil Abloh hat sich hierbei wahrlich keinen kreativen Zacken aus der Krone gebrochen. Doch vielleicht ist das auch nicht der Anspruch, mit dem wir an den Release herantreten sollten.

Viele erinnern sich vermutlich an die Superstar-Kollektion von Pharrell Williams. Seinerzeit erschienen sogar 100 verschiedene Colorways auf demselben Schuh. Der Adidas Superstar aus diesem Pack war immer monochron gehalten und kam weder mit Special Editions oder einem zusätzlichen Muster auf dem Upper aus. Rein logistisch gesehen, war dieser Release für viele Retailer ein Alptraum. Doch Pharrell wollte mit diesem Pack keine Leute verärgern und er ist auch nicht unkreativ. Es ging ihn darum, dass er mit seinem Release „diversity“ propagieren und die Leute auf die „Human Race“-Serie vorbereiten wollte, die kurze Zeit später mit dem NMD gefeiert wurde.

Man könnte behaupten, dass Virgil einen ähnlichen Gedanken hat. Wir haben oben bereits den Wunsch nach Exklusivität und den regulären Werdegang einer gehypten Silhouette beschrieben. Und so viel sei gesagt: der Hype um den Dunk wird auch ohne Virgil Abloh ein wenig abnehmen. Das ist völlig natürlich und auch fast schon eine gesunde Art und Weise sich langfristig an einer bestimmten Serie zu erfreuen.

Nehmen wir hierzu das Yeezy-Beispiel von oben. Auch wenn aktuelle Yeezys nicht binnen Sekunden ausverkauft oder sofort das Doppelte wert sind, ändert es nichts an der eigentlichen Ästhetik des Sublabels. Die Hypebeasts gehen, während die Enthusiasten bleiben. Wer sich wirklich an einem Design erfreut, weiß es auch dann noch zu schätzen, wenn es nicht mehr das heißeste Item auf Instagram ist.

Virgil Abloh weiß vermutlich, welche Stückzahlen Nike in nächster Zeit noch releasen wird. Also gibt er quasi den Fans einen letzten kollaborativen Drop, der zum einen exklusiver ist als Inline-Modelle, aber durch seine schiere Anzahl für viele zugänglich bleiben wird. Denn nur weil es viele Dunks in dem Pack gibt, macht es die einzelnen Schuhe nicht hässlicher. Virgil könnte uns mit diesem Pack helfen loszulassen. Den Dunk zu entlassen aus den Hype-Hemisphären unserer Nischen-Community, in die weiten Welten des Mainstreams, wo der Schuh von Fußballern, Großeltern, Erdkunde-Lehrern, Teens und teilweise auch von Babys getragen wird.

Aus Sammlersicht ist der Schuh dann vielleicht nicht mehr eine finanzielle Absicherung, aber immer noch ein Stück Geschichte aus dem Nike-Kosmos, das zu so gut wie allen Outfits funktioniert und der aktuelle Hype auch nicht ohne Grund entstanden ist. Der Dunk lebt weiter, auch wenn Virgil ihn nicht mehr trägt!